UBS Bank viel zu groß für die Schweiz
Paradeplatz in Zürich / Stammsitz von Credit Suisse und UBS
Die Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank Credit Suisse durch das größte Schweizer Kreditinstitut UBS im März dieses Jahres ist die größte und womöglich folgenreichste Fusion dieser Art seit vielen Jahren. Ähnliches hat man zuletzt während der Finanzkrise vor 15 Jahren gesehen.
Das abrupte Ende der Credit Suisse, die in 167 Jahren ihres Bestehens zu einem der weltweit größten Vermögensverwalter avancierte und zu den 30 systemrelevanten Banken der Welt gehörte, weckt indes Erinnerungen an die Lehman-Pleite anno 2008.
In deren Folge waren damals etliche so genannte systemrelevante Banken ins Trudeln geraten und konnten nur mit staatlicher Hilfe vor dem Kollaps bewahrt werden. Damals war es gerade noch mal gutgegangen. Doch im Falle der jetzt entstandenen Monsterbank mit dem Namen UBS wären die Eidgenossen maßlos überfordert.
Notrettung Credit Suisse – Haftung der Steuerzahler?
Wenn uns die Finanzkrise vor 15 Jahren etwas gelehrt hat, dann ist es die Möglichkeit, dass Großbanken buchstäblich über Nacht zu Problemfällen werden können. Durch die globale Vernetzung und gegenseitige Abhängigkeit der Finanzinstitute kann die gesamte Branche mit in den Abgrund gerissen werden.
Während der Krise 2008 war vielerorts der Staat – oder anders gesagt der Steuerzahler – eingesprungen, um das Schlimmste zu verhindern. Seither sollte eigentlich das globale Bankensystem so ausgerichtet und ausgestattet worden sein, dass sich eine solche „Haftung der Steuerzahler“ nicht wiederholt.
Dies ist im Fall der Notrettung der Credit Suisse aber nur teilweise gelungen. Zwar sprachen die Verantwortlichen bei Bekanntgabe der Übernahme von einer „kommerziellen Lösung“. Dennoch mussten auch Garantien des Staates herhalten, um den Deal über die Zielgerade zu bringen. Ein Konkurs der Bank sei ein weitaus größeres Risiko für die Schweizer Steuerzahler gewesen, hieß es zur Begründung.
Bilanzsumme der UBS doppelt so groß wie BIP der Schweiz
Diese Sorge war durchaus berechtigt. Deshalb ist schließlich die UBS Bank eingesprungen und hat die traditionsreiche Credit Suisse samt deren Verbindlichkeiten und Verlusten geschluckt. Damit ist eine Megabank entstanden, deren Bilanzsumme sich nach der Übernahme auf mehr als 1,5 Billionen Euro addiert.
Diese neue Größe der UBS ist bedenklich, wenn man bedenkt, dass sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz vergangenes Jahr auf rund 771 Milliarden Franken belief. Somit ist die Bilanzsumme der UBS heute gut doppelt so groß wie das BIP der Schweiz.
Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Deutschen Bank lag zuletzt bei rund 1,3 Billionen Euro. Dies entspricht in etwa einem Drittel des BIP von Deutschland.
Pleite-Tsunami – Gefahr für Deutschland
Damit ist auch klar, dass die UBS auf keinen Fall selbst ins Trudeln geraten darf. Denn der Schweiz als Staat wäre es nicht möglich, der UBS einen Rettungsring in ausreichender Größe anzubieten. Um in der Folge einen globalen Pleite-Tsunami zu verhindern, müsste eine Rettung auf europäischer oder gar globaler Ebene erfolgen.
In diesem Fall wäre Deutschland einer der ersten Kandidaten, die in die Pflicht genommen würden, nicht zuletzt deshalb, weil die Europa-Zentrale der UBS in Frankfurt angesiedelt ist. Damit wiederum ist klar, dass das Taumeln der Credit Suisse in die Arme der UBS auf lange Sicht durchaus eine Gefahr für Deutschland darstellen kann.
Spekulative Übernahme der Commerzbank
Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wäre, legt man die Höhe der Bilanzsummen zugrunde, durchaus vergleichbar mit einer spekulativen Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank. So wies die UBS Ende 2022 eine Bilanzsumme von rund 1,0 Billionen Euro aus und konnte (oder musste) damit die Credit Suisse mit zuletzt rund 535 Milliarden Euro Bilanzsumme übernehmen. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Deutschen Bank lag Ende 2022 bei 1,3 Billionen Euro, die der Commerzbank bei 473 Milliarden Euro.
Bilanzsumme von JP Morgan so groß wie BIP von Deutschland
Unterdessen schickt sich ein weitaus größerer Player an, den europäischen Bankenmarkt für sich zu gewinnen. Nachdem die größte US-Bank JP Morgan in Deutschland bereits für Firmenkunden und im Investmentbanking aktiv ist, will sie von Berlin aus nun auch für berufstätige Privatkunden in ganz Europa attraktiv werden und geht voraussichtlich Ende 2024 mit einer neuen Onlinebank namens „Chase“ an den Start.
Auch wenn JP Morgan lediglich als Digitalbank ohne Filialen agieren wird, kann sie zu einem ernstzunehmenden Wettbewerber für Deutsche Bank, Commerzbank und Co. avancieren. Für ihre expansiven Pläne kann JP Morgan ein gewaltiges Portfolio mit einer Bilanzsumme von zuletzt fast 3,7 Billionen US-Dollar in die Waagschale werfen. Zum Vergleich: Das BIP von Deutschland belief sich 2022 auf rund 3,87 Billionen Euro und bewegt sich damit in der Größenordnung der Bilanzsumme von JP Morgan.
Man hat ja bekanntlich keine Glaskugel für einen verlässlichen Blick in die Zukunft. Doch wer hätte schon gedacht, dass die traditionsreiche Großbank Credit Suisse einmal Schutz bei einer nächstgrößeren Bank suchen würde.
Und wer würde schon daran denken, dass es der Commerzbank, geschweige denn der Deutschen Bank, eines fernen Tages vielleicht ebenso gehen könnte.