Die Platinbranche blickt in der neuen Woche gespannt nach London
Beim Platin stellt der Bedarf der Schmuckindustrie nur einen geringen Teil der industriellen Nachfrage dar. Viel entscheidender sind die chemische Industrie und die Automobilhersteller.
Gold und Silber sind die beliebtesten Edelmetalle. Sie werden nicht nur deutlich häufiger zu Schmuck verarbeitet als alle anderen Edelmetalle, sondern stehen auch an den Metallbörsen stärker im Fokus. Völlig außerhalb des Rampenlichts und damit auch vollkommen unterhalb des Radars der meisten Investoren bewegen sich derzeit jedoch die weißen Edelmetalle Platin und Palladium.
Verwunderlich ist das nicht, denn auch das Palladium hat seit seinem Hoch im Frühjahr 2022 dramatisch an Wert verloren. Von in der Spitze über 3.000 US-Dollar je Feinunze ermäßigte sich der Palladiumpreis auf unter 1.000 US-Dollar. Nicht ganz so dramatische, aber immer noch sehr schmerzhafte Verluste mussten auch die Käufer von Platin einstecken, denn das Metall, das einst allein den Königen vorbehalten war, ermäßigte sich von 1.300 US-Dollar je Unze im Frühjahr 2021 auf ebenfalls unter 1.000 Euro. Seit gut zwei Jahren pendelt der Platinpreis deshalb um die 1.000-US-Dollar-Marke und notierte mit 993,50 US-Dollar am Freitag leicht unterhalb der vor allem psychologisch wichtigen Schwelle. Freude unter den Anlegern kann deshalb auch hier kaum aufkommen, denn in der Seitwärtsbewegung der letzten 24 Monate konnten nur die Trader Geld verdienen.
Gibt die Konferenz in London einen neuen Impuls?
Vor diesem Hintergrund beginnt in der nächsten Woche die „Platinum Week“. In London treffen sich am 14. und 15. Mai die Branchenvertreter und die Chancen stehen gut, dass zumindest der Platinpreis von diesem Branchentreffen profitiert und wieder etwas stärker gen Norden tendiert.
Von seinem im Februar markierten Jahrestief hat sich der Platinpreis bereits wieder um gut 100 US-Dollar erholt, aber das kann die Anleger nicht wirklich trösten, denn der Abstand zwischen dem Platin- und dem Goldpreis ist immer noch extrem hoch. Er war im April auf ein Rekordhoch von 1.400 US-Dollar geklettert und ist aktuell mit 1.378 US-Dollar immer noch ausgesprochen groß.
Bedenken sollten Sie in diesem Zusammenhang, dass das Gold aktuell 1.378 US-Dollar mehr kostet als eine Unze Platin. Für eine Unze Gold kann man also bequem zwei Unzen Platin kaufen und hat immer noch etwas Geld übrig. Dafür, das Platin über Jahrhunderte hinweg das teurere der beiden Edelmetalle war, ist die Entwicklung sehr bemerkenswert.
Echte industrielle Nachfrage und ein anhaltendes Defizit
Während das Gold nur gehortet wird, werden Platin und Palladium in der Industrie verbraucht. Hauptabnehmer sind die Automobil- und die chemische Industrie. Beide benötigen Platin wie auch Palladium für die Herstellung von Abgaskatalysatoren und allgemeinen Katalysatoren. Für die Wasserstofftechnologie hingegen ist ausschließlich das Platin geeignet.
Angebot und Nachfrage sollten daher für den Preis von Platin und Palladium von hoher Bedeutung sein. Sie sind es aber bislang kaum, denn das Angebot vor allem an Platin hinkt der Nachfrage schon seit Jahren hinterher Im vergangenen Jahr verzeichnete der Platinmarkt ein Rekorddefizit.
Für das laufende Jahr erwartet das World Platinum Investment Council zwar ein kleineres Defizit als im Vorjahr, aber auch dieses ist und bleibt immer noch ein Defizit. Tendenziell wird auch für die kommenden Jahre mit einem Überhang der Nachfrage gegenüber dem Angebot gerechnet, weil nur mit einer stagnierenden Minenproduktion in Südafrika und einer weiterhin steigenden Nachfrage nach Platin gerechnet wird.
Sollte das Word Platin Investment Council diese Einschätzung auf dem Treffen in London bestätigen, könnte dies dazu führen, dass die Platinpreise etwas anziehen und sich auch die große Schere zum Goldpreis wieder etwas schließt.