Richterin ordnet Zerschlagung von China Evergrande an
Die Entscheidung des High Court in Hongkong im Fall China Evergrande ist so gravierend, dass sie Schockwellen rund um den Globus zur Konsequenz haben könnte.
Anhängig ist die Klage bereits seit dem Juni 2022. Sie wurde damit bereits ein gutes halbes Jahr, nachdem China Evergrande erstmals seinen Kreditverpflichtungen nicht nachgekommen war, eingereicht. Geklagt hatte Top Shine Global, einer der ausländischen Gläubiger des Unternehmens. Andere Gläubiger hatten das Verfahren anschließend unterstützt.
Ende Januar entschied Richterin Linda Chan vom High Court in Hongkong, dass die Evergrande Group, einst Chinas nach Umsatz größter Immobilienentwickler, liquidiert werden muss. Zuvor hatten Vertreter des Unternehmens noch bis zur letzten Minute versucht, mit den Gläubigern zu einer Übereinkunft zu kommen.
Diese Gespräche verliefen jedoch erfolglos. Zwei Gründe dürften für den negativen Ausgang der Verhandlungen begünstigt haben. Zum einen ist China Evergrande mit Verbindlichkeiten in Höhe von 333 Milliarden US-Dollar so hoch verschuldet wie kaum ein anderes Unternehmen und zum anderen steckt der chinesische Immobilienmarkt als Folge dieser Pleite derzeit in einer tiefen Krise.
Viele Detailfrage zur weiteren Entwicklung sind noch nicht geklärt
Eine schnelle Erholung ist deshalb nicht in Sicht und da China Evergrande bereits seit Dezember 2021 seine Kredite nicht mehr bedienen kann, dürften auch die Gläubiger nicht geneigt sein, die Zahlungsfähigkeit und damit die weitere Kreditwürdigkeit des Unternehmens als besonders hoch anzusetzen.
Im nächsten Schritt wird Richterin Chan nun vermutlich auch bei China Evergrande einen Konkursverwalter einsetzen. Seine Aufgabe wird die Abwicklung des Unternehmens sein, das in Hongkong am Tag der Urteilsverkündung zwar einen Kurssturz von 21 Prozent erlebte, aber immer noch auf einen Marktwert von 275 Millionen US-Dollar kam.
Relativ unklar ist derzeit, in welchem Umfang der Konkursverwalter auf Evergrande-Vermögenswerte wie Bauprojekte und Tochtergesellschaften in China zugreifen kann. An dieser Stelle ist bedeutsam, dass Hongkong für die Volksrepublik immer noch rechtlich als Ausland gilt.
Die Anleger werden das Wort Risiko in Zukunft neu buchstabieren
Die Krise am chinesischen Immobilienmarkt, an dem seit Dezember 2021 bereits 50 Immobilienentwickler ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen sind, dürfte damit weitergehen. Gleichzeitig wird vielen Aktionären wie Gläubigern von Unternehmensanleihen schmerzhaft klar geworden sein, wie gefährlich Engagements sind, wenn die Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren.
Diese Warnung gilt nicht nur für China und nicht nur für den Immobiliensektor. Mittel- bis langfristig drohen damit Konsequenzen, für alle Länder und Wirtschaftszweige, insbesondere jene, die von den Investoren als nicht sehr solide eingestuft werden.