Yen-Game over? Dann wird’s richtig teuer an der Börse!

Ein Premier, ein Satz - und ein System unter Druck
"Die Haushaltslage unseres Landes ist zweifellos extrem schlecht - schlimmer als die Griechenlands." Als der japanische Premierminister diesen Satz im Parlament aussprach, zuckte die Weltöffentlichkeit kaum. Doch diese Worte sind nichts weniger als ein Warnschuss. Denn wenn selbst ein führender Vertreter der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt solche Töne anschlägt, dann steht mehr auf dem Spiel als nur ein weiteres Schuldenpaket.
Die Fakten: Japans Staatsschulden belaufen sich auf über 260 % des BIP - ein Weltrekord. Jahrzehntelang konnte man sich das leisten, weil die Zentralbank, die Bank of Japan (BoJ), mit der Druckerpresse im Dauerbetrieb Zinsen künstlich bei null hielt und Staatsanleihen in groteskem Ausmaß aufkaufte. Inzwischen hält die BoJ fast die Hälfte aller japanischen Staatsanleihen.
Japan bröckelt - und zieht die USA mit in den Abgrund?
Man könnte meinen: Soll Japan doch pleitegehen. Doch so einfach ist es in einer global vernetzten Finanzwelt nicht. Denn Japan war jahrzehntelang einer der größten Gläubiger der USA - mit über einer Billion Dollar in US-Staatsanleihen. Doch seit 2022 verkauft Japan diese Schuldtitel schrittweise ab. Offiziell wegen Währungsstabilität. Inoffiziell wegen wachsendem Misstrauen.
Warum das gefährlich ist? Ganz einfach: Wenn ein Großgläubiger wie Japan aussteigt, müssen US-Staatsanleihen höhere Zinsen bieten, um neue Käufer zu finden. Und höhere Zinsen bedeuten höhere Schuldenkosten - bei einem US-Haushaltsdefizit von über einer Billion Dollar pro Jahr ein teures Spiel. Das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der USA beginnt zu erodieren - schleichend, aber potenziell unaufhaltsam.
Der stille Killer: Der Yen Carry Trade und sein Ketteneffekt
Parallel dazu könnte ein zweites, bislang wenig beachtetes Standbein des globalen Finanzsystems ins Wanken geraten - der sogenannte Yen Carry Trade. Dabei handelt es sich um eine Strategie, bei der sich Investoren möglicherweise in Japan Geld leihen, wo die Zinsen traditionell sehr niedrig sind, um dieses Kapital dann in höher verzinsten Märkten wie den USA anzulegen. Der mögliche Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen den geringen Kreditkosten in Yen und den höheren Erträgen im Ausland. Solange die Zinsen in Japan niedrig bleiben und der Yen schwach ist, funktioniert dieses Modell - es könnte in der Vergangenheit enorme Kapitalströme in risikoreiche Anlagen, insbesondere in den US-Techsektor, gelenkt haben.
Doch diese Logik gerät nun ins Wanken: Die Rendite japanischer 30-jähriger Anleihen ist kürzlich auf ein Rekordhoch von 3,2 % gestiegen, nachdem eine der schlechtesten Bond-Auktionen der letzten Jahrzehnte stattfand. Analysten sprechen bereits von einem "seismischen Schock" für die Märkte. Sollte sich der Carry Trade weiter auflösen - Experten schätzen die globale Exponierung auf rund eine Billion US-Dollar - könnte es zu einem plötzlichen Kapitalrückzug kommen, was nicht nur zur Stärkung des Yen führt, sondern auch zu Liquiditätsengpässen und massiven Kursverlusten in anderen Märkten. Besonders betroffen wären US-Staatsanleihen und Tech-Aktien. Und während die US-Renditen ohnehin schon hoch sind, würde ein zusätzliches Angebot durch mögliche japanische Verkäufe von US-Treasuries - Japan hält derzeit rund 1,1 Billionen Dollar davon - die Lage dramatisch verschärfen.

Ein System auf Kante genäht
Seit der Finanzkrise 2008 wurde jedes Problem mit mehr Geld bekämpft. Doch das Ende des billigen Geldes naht - und mit ihm die Stunde der Wahrheit. Japan ist das erste Dominosteinchen, das wackelt. Und wenn es fällt, könnten andere folgen. Wir reden nicht von einem lokalen Problem. Sondern von einer globalen Kettenreaktion, die den US-Dollar, die Tech-Märkte und das Vertrauen in die westlich geprägte Finanzarchitektur erschüttern könnte. Gold hingegen könnte davon profitieren: Als sicherer Hafen dürfte es bei Marktpanik noch stärker gefragt sein, auch wenn steigende Zinsen üblicherweise negativ wirken. Analysten sprechen bereits davon, dass dies der Startschuss für eine neue Aufwärtsbewegung bei Gold sein könnte - mit Preiszielen jenseits der bisherigen Allzeithochs.