Goldrausch 2.0? Warum Australien jetzt alles aus dem Boden holt

Ein Milliardenmarkt unter Volldampf
Australien, der zweitgrößte Goldproduzent der Welt nach China, erlebt derzeit eine lukrative Phase. Trotz eines leichten Rückgangs der Goldproduktion im ersten Quartal 2025 um 7 % gegenüber dem Vorquartal, stieg der Wert der geförderten 73 Tonnen Gold auf über 12 Milliarden Australische Dollar (rund 7,3 Milliarden Euro). Das berichtet das renommierte Beratungsunternehmen Surbiton Associates aus Melbourne in seinem aktuellen Produktionsbericht.
"Bei den heutigen Goldpreisen ist es verständlich, dass viele Produzenten ihre Betriebsabläufe anpassen, um das Maximum herauszuholen", erklärt Dr. Sandra Close, Direktorin von Surbiton Associates. In der Tat liegt der aktuelle Goldpreis deutlich über historischen Mittelwerten, was eine neue Dynamik im Produktionsverhalten der Minengesellschaften auslöst.
Der Trick mit dem niedrigen Cut-off-Grade
Zentral für diese Entwicklung ist ein scheinbar technisches Detail: der sogenannte Cut-off-Grade. Dieser Wert gibt an, ab welchem Goldgehalt in einer Tonne Gestein der Abbau wirtschaftlich ist. Steigt der Goldpreis, kann dieser Schwellenwert gesenkt werden - es lohnt sich plötzlich, auch niedrig konzentriertes Erz zu verarbeiten.
"Was zuvor unwirtschaftlich war, wird plötzlich profitabel", so Dr. Close. "Wird der Cut-off-Grade gesenkt, kann mehr Gold aus einer Lagerstätte herausgeholt werden." Dies bedeutet konkret: Ohne neue Minen zu erschließen, lassen sich aus bestehenden Lagerstätten höhere Erträge generieren. Das wirkt sich stabilisierend auf die Produktionsmenge aus - selbst bei abnehmender Erzqualität.
Gold aus der Halde: Alte Vorräte als neue Schatzkammern
Besonders interessant ist die Wiederverwertung bereits geförderten, aber bislang als zu minderwertig eingestuften Materials aus den sogenannten Halden oder Stockpiles. Laut Surbiton Associates machen diese derzeit bis zu 15 % des gesamten Erzes aus, das in australischen Aufbereitungsanlagen verarbeitet wird - vor einem Jahr waren es gerade einmal 1 %.
Diese Entwicklung ist Ausdruck einer wachsenden Effizienzstrategie: Statt riskante Explorationsprojekte zu finanzieren, schöpfen viele Produzenten lieber aus dem eigenen Rückstand. Für Investoren ist das ein Zeichen wirtschaftlicher Reife - aber auch eines schwindenden Explorationshungers. Ein gutes Beispiel ist Heliostar Metals in Mexiko. Das Unternehmen hat in einer alten Halde seiner La Colorada-Mine neue Bohrergebnisse veröffentlicht. Demnach lieferten 26 von 35 Bohrlöchern Abschnitte mit wirtschaftlich interessanten Goldgehalten, darunter 10,7 Meter mit 1,81 g/t Gold und 19,8 Meter mit 0,62 g/t Gold.
Laut Management enthält das Material aus den 1990er Jahren genug Gold, um bei heutigen Preisen wieder wirtschaftlich verarbeitet zu werden. Die Halde liegt nur 400 Meter von der Anlage entfernt, was eine schnelle und kostengünstige Integration in den Betrieb ermöglicht. Ziel ist es, mit möglichst wenig zusätzlichem Kapital kurzfristig Cashflow zu generieren. Laut Analysten von 3L Capital steckt in der Truckshop-Halde ein direkt verwertbares Potenzial von rund 2,8 Millionen US-Dollar. Werden auch tiefere Rückstände berücksichtigt, könnte der Erlös sogar noch steigen.
Warum die Produktion trotz Rekordpreisen nicht stärker wächst
Ein Widerspruch bleibt dennoch bestehen: Warum explodiert die Fördermenge nicht, wenn der Goldpreis durch die Decke geht? Laut Dr. Close liegt die Antwort in der physischen Infrastruktur: "Viele bestehende Verarbeitungsanlagen laufen bereits am Kapazitätslimit. Es fehlt schlicht an freien Kapazitäten für neue oder kleinere Produzenten, die ihr Erz zur Lohnverarbeitung anbieten wollen."
Comeback in Silber: Bowdens-Projekt kurz vor dem Durchbruch?
Doch steigende Rohstoffpreise eröffnen auch Chancen für Projekte mit Anlaufschwierigkeiten. Ein Beispiel ist das Bowdens-Silberprojekt von Silver Mines Ltd (SVL). Laut Unternehmensangaben zählt es mit 180 Mio. Unzen Ressourcen zu den größten unentwickelten Silbervorkommen weltweit. Geplant sind 4 Mio. Unzen Förderung jährlich bei Kosten unter 15 USD pro Unze - über mindestens zehn Jahre. Nach einem Lizenzentzug arbeitet SVL mit Rückendeckung der Regierung an der Wiedererteilung. Laut Unternehmensführung zeigen frisches Kapital und neue Investoren deutliches Vertrauen in das Comeback.

Ein Blick nach vorn
Dennoch sieht Surbiton Associates positive Signale: Die anhaltend hohen Goldpreise könnten laut Dr. Close "in naher Zukunft" zur Wiederinbetriebnahme stillgelegter Minen führen. Denn je höher die Gewinnmarge, desto attraktiver wird die Reaktivierung bereits erschlossener, aber bislang unrentabler Lagerstätten. Doch diese Effizienz hat ihre Grenzen. Denn sobald die Gewinnmargen weiter steigen, kippt die wirtschaftliche Logik: Dann lohnt sich nicht mehr nur das Ausschöpfen vorhandener Ressourcen - sondern vor allem die Suche nach neuen. Höhere Goldpreise erhöhen zwangsläufig auch die Attraktivität riskanterer, aber potenziell ertragreicher Explorationsprojekte.
Damit könnten bald wieder jene Akteure in den Fokus rücken, die in den vergangenen Jahren unter dem Druck niedriger Preise kaum Kapital fanden: die Explorationsunternehmen. Sie stehen bereit, neue Lagerstätten zu identifizieren und damit die nächste Phase des australischen Goldbooms einzuleiten.
Vorkaufsrecht für Ashburton-Projekt weckt Aufmerksamkeit
Ein Beispiel für diese neue Dynamik ist Kalamazoo Resources, das mit dem Ashburton-Goldprojekt vor einem echten Durchbruch stehen könnte. Laut Unternehmensangaben hat der Branchenriese De Grey Mining bereits 3 Millionen AUD für ein exklusives Vorkaufsrecht gezahlt und kann das Projekt bis August 2025 für weitere 30 Millionen AUD übernehmen. Laut Kalamazoo übersteigt allein diese Option bereits deutlich die aktuelle Marktkapitalisierung des Unternehmens. De Grey habe nach eigener Prüfung das große Potenzial des Projekts bestätigt und die Option deshalb freiwillig verlängert. Besonders bemerkenswert: De Grey Mining wurde kürzlich von Northern Star Resources übernommen, einem der größten Goldproduzenten des Landes. Damit befindet sich Ashburton nun indirekt im strategischen Fokus eines noch bedeutenderen Konzerns - mit entsprechender Hebelwirkung für mögliche zukünftige Entwicklungen.

